12.12.2010: Redemanusskript
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich begrüße Sie ganz herzlich, Sie alle von Zeuthen bis Potsdam, von Rangsdorf bis Lichtenrade, die Sie sich wieder zu tausenden hier zusammenfinden.
Meine Damen und Herren, unsere Region war bisher durch hohe Lebensqualität geprägt und durch eine gute Anbindung an die Metropole Berlin und gleichzeitig durch grüne Straßen und erholsame Gärten. Seit diesem Sommer ist es mit der Ruhe vorbei. Die Deutsche Flugsicherung, die DFS, hat die Flugrouten nach Tegel verändert, so dass seit neuestem über unsere Region und den Berliner Südwesten geflogen wird. Wer gute Ohren hat, hat diese Entwicklung schon vor einem Jahr bemerkt. Wir werden systematisch zugelärmt! Am 6. September hat man dann die neuen Flugrouten über Teltow/Kleinmachnow und Stahnsdorf und anderen Gemeinden öffentlich gemacht. Und offensichtlich hatte man gemeint, dass die braven Brandenburger das ihnen zugedachte Schicksal akzeptieren würden. Aber hier hat die Politik, hier hat die Flughafengesellschaft vergessen, dass hier selbstbewusste Menschen leben, die für ihre Kinder und ihre Häuser hart arbeiten müssen. Die Politik hat vergessen, dass Kleinmachnow die kinderreichste Gemeinde Deutschlands ist. Die Politik hat vergessen, dass sie uns selbst ermuntert hat, hier Häuser zu bauen und zu renovieren und sich anzusiedeln. Im gemeinsamen Raumordnungsplan von Berlin und Brandenburg aus dem Jahr 2009 werden Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf als das wichtigste Siedlungserweiterungsgebiet benannt. Bürger, die sich hier ansiedeln wollten, erhielten vom Flughafen und von den Behörden die Auskunft, dass hier keine Flugrouten lang führen würden, ja es sind Menschen von den alten geraden Flugrouten hierher zu uns gezogen. Auf der anderen Seite wurden von Müggelheim bis Ludwigsfelde Siedlungsbeschränkungen in den Raumordnungsplänen verhängt. Das Gebiet der Siedlungsbeschränkung entspricht den alten geraden Routen! Niemand, der sich außerhalb dieser Zone angesiedelt hat, konnte damit rechnen, dass seine, dass unsere Region Fluglärmgebiet werden sollte.
Meine Damen und Herren, am Freitag ist ein Schreiben des früheren Chefs der Projektplanungsgesellschaft Schönefeld, Götz Herberg, an das Bundesministerium für Verkehr bekannt geworden. Die Projektgesellschaft ist die Vorgängerin der Flughafengesellschaft. Mit diesem Schreiben vom 7. Oktober 1998 bat die Projektgesellschaft darum, dass die DFS der Planfeststellungsbehörde keine abknickenden Flugrouten mitteilt. Und wir wissen schon lange: 20 Tage später, am 26. Oktober 1998 ist die DFS dem nachgekommen: Die DFS hat die Planfeststellungsbehörde nicht auf die Erforderlichkeit abknickender Flugrouten hingewiesen. Damit ist schwarz auf weiß bewiesen, was wir schon immer vermutet haben: Die abknickenden Flugrouten waren von Anfang an geplant. Und: Sie wurden bewusst verschwiegen, damit wir uns nicht dagegen wehren können. Wir wurden bewusst und systematisch um unser Beteiligungsrecht und unser Klagerecht gebracht.
Das ist ein unglaublicher Skandal! Es kann daher nur eine Konsequenz geben: Der damalige Chef der Planfeststellungsbehörde, der jetzige Staatssekretär Brettschneider muss zurücktreten. Entweder ist ihm diese Schweinerei entgangen! Oder er hat sie gebilligt! Beides bedeutet zwingend: Rücktritt!
Außerdem müssen die Akten der Planfeststellungsbehörde gesichert werden, damit keine Beweismittel verschwinden, notfalls muss ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden.
Die Konsequenz für den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004, mit dem BBI genehmigt wurde, ist nicht mehr wegzudiskutieren: Der Planfeststellungsbeschluss beruht auf einer von Anfang absolut untauglichen Lärmprognose. Es wurde von Anfang an mit völlig falschen Flugrouten geplant. Der Planfeststellungsbeschluss ist daher grob rechtswidrig! Er muss aufgehoben werden! Dies gilt jedenfalls solange, bis nicht klipp und klar erklärt wird, dass die alten Routen ihre Gültigkeit behalten!
Ein zweites kommt noch hinzu: Die Planer des Flughafens BBI mussten eine Standortauswahl treffen. Sie haben für Schönefeld 59.000 Lärmbetroffene zugrundegelegt. Dem haben sie 2.900 Lärmbetroffene in Sperenberg gegenüber gestellt. Dann haben sie sich aber trotzdem wegen der besseren Anbindung Berlins und aus wirtschaftlichen Gründen für Schönefeld entschieden. Die Zahl der Lärmbetroffenen beim Standort Schönefeld verdoppelt sich bei Zugrundelegung der neuen Routen auf 120.000 Menschen. 120.000 lärmbetroffene Menschen beim Standort Schönefeld, das steht in keinem Verhältnis zu 2900 lärmbetroffenen Menschen in Sperenberg. Mit anderen Worten: Mit den neuen Flugrouten geht die ganze Abwägung den Bach runter! Und Sie können sicher sein, dass wir die Standortauswahl und die Frage, ob Behörden in Deutschland bewusst falsche Flugrouten der Planung zugrundelegen dürfen, beim Bundesverwaltungsgericht und hinauf bis zum europäischen Menschengerichtshof klären lassen werden. Eine bewusste staatliche Täuschung hat in Deutschland keinen Bestand!
Nicht wir haben den Flughafenstandort Schönefeld infrage gestellt. Diejenigen, die auf einem unabhängigen Parallelbetrieb bestehen und deshalb mit neuen abknickenden Routen abfliegen wollen, stellen den Flughafen infrage.
Meine Damen und Herren, ich komme zu fünf Punkten, die uns besonders am Herzen liegen:
1) Zurück zu den alten Routen ! Neue Routen nur dann, wenn dadurch keine neuen Lärmbetroffenheiten entstehen.
2) Wir vergessen nicht die Menschen in der am schlimmsten betroffenen Region von Müggelheim bis Ludwigsfelde. Deshalb fordern wir für sie ein strenges Nachtflugverbot zwischen 22:00 und 6:00 Uhr.
3) Wir wollen keine Schlichtung. Eine Schlichtung unterstellt, dass der vorhandene Lärm jetzt freihändig aber irgendwie fair verteilt werden muss. Mit einer Schlichtung wird unterschlagen, dass der Region in den letzten 15 Jahren immer wieder gesagt worden ist, dass hier kein Fluglärm zu erwarten ist.
4) Wir fordern eine intelligente Lösung, die die Situation in Ludwigsfelde und anderswo verbessert. Dadurch dürfen aber keine neuen Lärmbetroffenheiten für Bürger und Gemeinden entstehen.
5) Was für uns in Teltow/Kleinmachnow/Stahnsdorf gilt, gilt auch für die Menschen z. B. in Zeuthen und Rangsdorf. Sie haben genau wie wir auf die alten geraden Routen vertraut. Deswegen müssen wir auch für sie kämpfen, so wie sie auch für uns kämpfen.
Ich warne jeden, der meint, eine Teillösung nur für uns und den Berliner Südwesten, also eine Lösung bei der auf der Nordbahn gerade geflogen wird, im Süden aber über Zeuthen und Rangsdorf und anderen geflogen wird, sei doch auch ein schönes Ergebnis. Nein! Nur gemeinsam mit Zeuthen und Rangsdorf und allen anderen haben wir die Kraft, uns gegen den Lärmterror, der über unseren schönen Regionen entfaltet werden soll, aufzulehnen! Wenn es uns gelingt, und ich bin davon überzeugt, dass es uns gelingt, die neuen Routen zu verhindern, wird es auch von Dauer sein! Die Politik wird sich nicht sobald wieder die Finger an diesem Thema verbrennen wollen, das hat sie nach der verlorenen Volksabstimmung über die Vereinigung von Berlin und Brandenburg auch nicht wieder versucht.
Meine Damen und Herren! Berlin wird akzeptieren müssen, dass die Entwicklung des BBI wirtschaftlich begrenzt ist. Brandenburg hat diesen Standort nicht gewollt. Es war die Politik, die den Flughafen an einen Standort gesetzt hat, bei dem ein unabhängiger Parallelbetrieb von Anfang an nicht möglich war. Wir löffeln diese Suppe nicht aus! Wer mehr will, muss eine dritte oder vierte Startbahn in Sperenberg bauen.
Kämpfen Sie deshalb mit uns für unsere Lebensqualität und für eine Zukunft unserer Kinder in dieser Region! Kommen Sie zur gemeinsamen Großdemonstration aller Bürgerinitiativen, am Sonntag, den 23. Januar in Schönefeld. Noch diese Woche melden wir diese Demonstration an.
Danke, dass Sie gekommen sind. Ich wünsche Ihnen trotz aller Flugroutensorgen eine besinnliche Adventszeit und eine frohe Weihnacht.